Pensionskassen prüfen Einführung variabler Renten

Die Vorsorgeeinrichtungen suchen nach Wegen, die Umverteilung von Aktiven zu Rentnern zu verringern. Für Aufsehen sorgt dabei die Pensionskasse der SBB, die ein variables Rentenmodell prüft.

Michael Ferber
Die Ankündigung der Pensionskasse der SBB, die Einführung eines variablen Rentenmodells zu prüfen, sorgt für Wirbel in der beruflichen Vorsorge. Die niedrigen Zinsen und die Alterung der Bevölkerung haben zusammen mit zu hohen Umwandlungssätzen und Zinserwartungen bei den Pensionskassen zur Folge, dass Gelder in der beruflichen Vorsorge konstant von Aktiven zu Rentnern umverteilt werden. Vorsorgeeinrichtungen wie die der SBB suchen nun nach Lösungen für dieses Problem. Andere wie die PwC-Pensionskasse oder die Vorsorgestiftung der Pensionskasse Energie haben bereits Modelle mit variablen Renten eingeführt.

Starke Umverteilung
Im Juni werde sich der Stiftungsrat der Pensionskasse SBB erneut treffen und über die Einführung eines variablen Rentenmodells befinden, sagt Markus Hübscher, Geschäftsführer der Vorsorgeeinrichtung, im Gespräch. Ziel sei es, die Stabilität der Kasse und damit die langfristige Sicherheit der Renten zu erhöhen. Aufgrund des hohen Rentneranteils sei seine Pensionskasse prädestiniert für eine Änderung, bei der die Renten von Neurentnern in Zukunft aus einer Grundrente und einem zusätzlichen variablen Teil bestehen würden. In den vergangenen zehn Jahren hätten die Aktiven erhebliche Leistungssenkungen in Kauf nehmen müssen, damit die Kasse gesunde. Die Renten seien hingegen nicht angetastet worden.
Es sei nur fair, wenn künftig in schwierigen Zeiten nicht nur die Aktiven einen Beitrag zur Gesundung der Kasse leisteten. Die Pensionskasse SBB bezeichnet Hübscher als «rentnerlastig». Auf rund 28’000 Aktive kämen 27’500 Rentner. Die Pensionskasse SBB gehört mit einem verwalteten Vermögen von rund 15 Mrd. Fr. zuden grösseren Vorsorgeeinrichtungen der Schweiz. Werde das variable Rentenmodell nicht eingeführt, müsste die Kasse den Umwandlungssatz noch stärker reduzieren als mit der Einführung des Modells, sagte Hübscher. Die Pensionskasse SBB hat den Umwandlungssatz zum Oktober 2012 auf 5,8% gesenkt.
Es gibt bereits Kassen, die solche Rentenmodelle eingeführt haben. Ein Pionier auf diesem Gebiet ist die PwC-Pensionskasse. Die Kasse der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat gemäss ihrem Geschäftsführer Josef Bachmann bereits 2005 ein Modell mit variablen Renten eingeführt. Jedes Jahr werde überprüft, ob die Pensionskasse mit den Rentnern einen Gewinn oder einen Verlust gemacht habe, sagt Bachmann. Um kostenneutral zu sein, ist eine Rendite von 4,1% notwendig. Der Deckungsgrad werde hier als Kennzahl nicht verwendet, denn man könne diesen manipulieren, und langfristig sollten die Rentner unabhängig vom Deckungsgrad für die Kasse kostenneutral sein, sagt Bachmann. Nach seinen Angaben werden die Rentner in die Solidarität genommen, wenn die Kasse schlechter abgeschnitten hat, und sie werden an den Erträgen beteiligt, wenn die Kasse eine bessere Rendite erzielt hat. Gemäss Bachmann lässt sich das Modell der PwC-Pensionskasse relativ einfach handhaben.
Ab Januar 2014 führt auch die Pensionskasse Energie in der Vorsorgestiftung ein variables Rentenmodell ein. Sie verwaltet ein Vermögen von 4 Mrd. Fr. Laut Geschäftsführer Ronald Schnurrenberger sind 90% der Rente weiterhin garantiert, wenn die neue Regelung ab 2014 greift. Bei einem Deckungsgrad von zwischen 90% und 100% erhalten die künftigen Pensionierten 95% der Rente. Liegt die Kennzahl bei zwischen 100% und 120%, bekommen sie wie bisher die komplette Rente. Liegt der Deckungsgrad bei 120% bis 125%, erhalten die Pensionierten 105% der Rente beträgt er mehr als 125%, sind es gar 110%. Der Gesetzgeber unterstütze die Pensionskassen in dieser schwierigen Situation ungenügend, sagt Schnurrenberger. Folglich seien sie gezwungen, selbst etwas zu tun. Der Deckungsgrad der Kasse betrug per Ende vergangenen Jahres 105%.

Politischer Gesprächsstoff
Der unabhängige Vorsorge-Spezialist Daniel Dubach geht davon aus, dass dieses Thema noch politischen Gesprächsstoff liefern wird. Das diskutierte Modell der Pensionskasse SBB sorge zwar bei angehenden Rentnern für einige Verunsicherung. Dubach hält es aber für eine legitime Massnahme, um das Problem der vielerorts im Vergleich zur Marktzins-Entwicklung zu hohen technischen Zinsen und Umwandlungssätze zu lindern. Faktisch käme hier das Prinzip zum Tragen, das Lebensversicherer seit langem anwendeten.
Wenn sich das Modell bei der Pensionskasse SBB durchsetzt könnten weitere Vorsorgeeinrichtungen folgen. Laut Schnurrenberger haben sich andere Pensionskassen, die ebenfalls eine zweiteilige Rente planen, bei ihm über das neue Modell erkundigt. Zwischen den versprochenen Leistungen und deren Finanzierung müsse bei den Vorsorgeeinrichtungen ein Gleichgewicht bestehen, sagt Hanspeter Konrad, Direktor des Pensionskassenverbands Asip. Dieses Gleichgewicht sei heute bei vielen Pensionskassen gefährdet. Sozialpartnerschaftlich könne in der weitergehenden Vorsorge eine Grundrente verknüpft mit einem variablen Teil beschlossen werden. Solche Modelle könnten aber nur für Neurenten gelten. Im Bereich von reinen BVG-Plänen sei das Modell einer garantierten Grundrente verknüpft mit einer allfälligen Zusatzrente sozialpolitisch nicht zielführend, da das BVG einen Minimalstandard darstelle.

Quelle NZZ 03.05.2013

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